Der Revolvermann – G.F. Unger

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Der Revolvermann – G.F. Unger

Rezension


Leseversion: G.F. UNGER TB 43211
Verlag: Bastei
Veröffentlicht: Juni 1988
Status: Nachdruck
Erstauflage: LB Mülbüsch (1962)
Seiten: 159

Autor: G.F. Unger
Realname: Gert Fritz Unger

Galerie Fazit

Veröffentlicht: 5.1.2022

Rezension von Gottfried Marbler

Hintergrund

In diesem Buch bekommt es unser Held mit Wyatt Earp zu tun, der in Dodge City als 1. Deputy Marshal auftritt. Earp wird hier als etwas zwielichtige Gestalt dargestellt, die er auch gewesen sein dürfte.
Doch die Zeitrechnung stimmt m. E. nicht: Jim Hanrahan wird 1842 geboren (Seite 18), ist laut Aussage seiner Schwester jetzt 27 Jahre alt (Seite 29), also spielt die Story im Jahre 1869. Wyatt Earp wurde erst 1876 zum 1. Deputy Marshal von Dodge City ernannt. Demnach wäre 1849 oder 1850 als Geburtsjahr stimmiger.

Als unser Held dann nach Kansas City kommt, wird ins Holzgeschäft eingestiegen, das zu jener Zeit zu boomen begann, denn je mehr Siedler in den Westen vorrückten, desto mehr Holz wurde für alle möglichen Dinge benötigt. z.B. riesige Mengen an Bauholz für den Bau von Unterkünften.
Damit wurden auch für damalige Verhältnisse von gerissenen Geldgebern und korrupten Beamten gewaltige Summen lukriert – auf Kosten der geschundenen Natur und der ausgebeuteten Holzfäller sowie aller sonstigen Arbeiter, die die Unmengen an gefällten Baumstämmen weiterverarbeiteten. Und nicht zuletzt von ihren Kunden selbst, den Millionen von Siedlern.
Und hierzu passt das Jahr 1876 besser, denn ab da wurden die Indianer der nördlichen Plains systematisch bekämpft und in Reservationen gepfercht, wenn sie anfangs auch noch große Erfolge aufweisen konnten – aber im Mai 1877 war die größte Gefahr durch diese Völker endgültig gebannt…

Inhalt

Jim Hanrahan bringt einen geflüchteten Postkutschenräuber nach Dodge City zurück und kassiert dafür die Kopfprämie und später sogar noch die Geldwiederbeschaffungsprovision! Dieses Geld gibt er seiner schwangeren Schwester, deren Mann als Begleitfahrer von dem Banditen erschossen wurde.
Gleich darauf heuert ihn ein Berufsspieler als seinen Beschützer an, damit Jim ihn und sein gewonnenes Geld sicher nach Kansas City bringen kann. Dort eröffnet er Jim und einer jungen Frau, die ihnen im Zug half, das Geld zu behalten, seine Geschäftsidee: Die 63.000 Dollar will er in ein Abholzungs- und Sägemühlenbetreibungsunternehmen investieren und damit mindestens eine Million Dollar in einem Jahr verdienen!
Die beiden jungen Leute willigen schließlich ein – und merken erst oben am Big Sioux River, in was für eine Hölle sie sich da einkauften…

Spezieller Schlussgag
Auf der vorletzten Seite stellt Jim Hanrahan seiner frisch angetrauten Ehefrau den Partner vor – der ihm ein Stück Land für eine Ranch in Wyoming reservierte – mit den Worten: „Das ist Brod Old.“
Heute würde man so etwas als „Cameo-Auftritt“ bezeichnen, vor allem beim Film. Denn von 1949 bis 1954 verwendete G.F. Unger u. a. das Pseudonym „Broderick Old“ für die zu Beginn seiner Autorenkarriere geschriebenen Heftromanserien, was er später so gern vergessen gemacht hätte.
Das ursprünglich verfasste Leihbuch erschien 1962, also nur acht Jahre später, nachdem er dieses Pseudonym ad acta legte.

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Fazit

Ein mäßig spannend geschriebener Roman des deutschen Erfolgsautors, der hier wie sooft seinen Helden in einen moralischen Konflikt stürzt, weil er als Revolverkämpfer auch töten muss. Natürlich hilft ihm dabei wieder eine wunderschöne Frau (von denen es damals im Westen Amerikas nicht allzu viele gegeben haben dürfte) mit ihrer Liebe zu ihm, aus dem Dilemma herauszukommen. Außerdem muss er sich – wie fast alle Helden in Unger-Romanen – einem “urgewaltigen Steinzeitmenschen” in einem Faustkampf stellen, den er selbstredend gewinnt!
Und dazu kommt noch der fiese Gegenspieler, der in seiner Verblendung alles das, was die Kontrahenten hier aufbauten, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zu zerstören beginnt.

Alle Unger-Komponenten werden hier wiederum zur Gänze ausgespielt. Was mich am meisten dabei stört, ist das beinahe schon weinerliche Verhalten des Revolverkämpfers, der bei Unger stets in eine schwere moralische Krise stürzt, wenn er auftragsgemäß einen gedungenen Killer der Gegenseite in einem Duell erschießen muss.
Ich weiß, dass es gewiss nicht leicht ist, einen Menschen zu töten und damit weiterhin zu leben, aber dieses Getue darum gibt es in dieser Ausprägung meines Wissens bei keinem anderen Westernautor so stark wie eben bei G.F. Unger.

Gottfried Marbler, März 2021

 Bewertung

6 von 10 Revolverkugeln